Stolperstein 29 Helene Düring Jg. 1852

Helene Düring, geborene Stern, kam 1852 in Obernkirchen auf die Welt. Helene wohnte fast ihr ganzes Leben in diesem Haus, das ihr Vater Abraham seiner Tochter 1906 vererbt hatte. Helene war verheiratet mit dem Kaufmann Meier Düring, der fast 20 Jahre älter war als sie. 1913 starb er. Helene heiratete nicht wieder und blieb 27 Jahre lang Witwe bis an ihr Lebensende.

Sie hatte zwei Kinder, Julius, Jahrgang 1884, und Rosa, die zwei Jahre später auf die Welt kam. Julius lebte später mit seiner Frau Lotte in Dresden; die Ehe blieb kinderlos. Rosa führte im Elternhaus ein Damenhutgeschäft. 1919 heiratete sie den Bückeburger Kaufmann Leo Rautenberg, der dort ein Tabakwarengeschäft und ab 1924 das Vogtländische Gardinenhaus betrieb. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Erwin 1920, Ruth 1923 und Manfred 1925. Rosa verstarb nur wenige Monate nach der Geburt von Manfred an Kindbettfieber. Für Helene Düring war der Tod ihrer Tochter nach dem Tod ihres Mannes der zweite schmerzliche Verlust. Begraben wurde Rosa auf dem jüdischen Friedhof in Obernkirchen an der Seite ihres Vaters. Helene war inzwischen 73 Jahre alt und setzte daher ihren Sohn Julius als ihren Vermögensverwalter ein. Das Hutgeschäft der verstorbenen Tochter Rosa wurde  an den Kaufmann Friedrich Svenson verpachtet. Helene, die eine herzliche Beziehung zu den Svensons hatte, blieb im Erdgeschoss in zwei Zimmern wohnen.

Wie für alle jüdischen Menschen der Stadt bekam auch Helene den Terror der Nationalsozialisten Obernkirchens  zu spüren. Nach der Pogromnacht 1938  begann die menschenverachtende so genannte „Arisierung jüdischen Vermögens“. Julius Düring überredete die Svensons, die eigentlich kein Interesse am Kauf hatten, das Hausgrundstück zu erwerben. Der Kaufvertrag wurde im Juni 1939 unterschrieben und notariell beurkundet. Die Familie Svenson gehörte zu den wenigen anständigen Käufern jüdischen Eigentums in jener Zeit. Sie ließ Helene Düring nicht nur im Haus wohnen, sondern kümmerte sich auch weiter um die inzwischen schon sehr kränkelnde alte  Dame.

1939 wurde die Luft für Juden im Land immer dünner. Helene fühlte sich schon zu alt und schwach, um die Strapazen einer Flucht noch auf sich zu nehmen. Schikanen blieben ihr aber  bis zu ihrem Tod nicht erspart. Auf einem Schriftdokument vom 1.1.1939 musste Helene einen weiteren Vornamen akzeptieren.  Ihre zittrige Unterschrift mit der Bestätigung, jetzt auch noch “Sarah“ zu heißen, symbolisiert den Rassenwahn der Nazis. Es sollte aber noch schlimmer kommen.

Sie wurde von Bürgermeister Herzog mit Bescheid vom 15. 12. 1939 ultimativ  aufgefordert, bis Mitte Januar 1940  von ihrer Wohnung in der Langen Straße ins „Judenhaus“,  die neue Funktion der Synagoge, umzuziehen. Hier war bereits die Familie von Benno Stern, ihrem Neffen, untergebracht. Das Gebäude besaß keinen Ofen, die Räume konnten nur notdürftig abgedichtet werden.

Im Juli 1940 erfuhr Helene Düring, inzwischen 88 Jahre alt, vom Tod ihres Bückeburger Schwiegersohns Leo Rautenberg, der an den Folgen seiner Inhaftierung im KZ Buchenwald verstorben war und als letzter Jude der Stadt Bückeburg auf dem jüdischen Friedhof in Bückeburg  beerdigt wurde. Helene Düring war der Kälte, der Mangelernährung und den ständigen Demütigungen körperlich und seelisch nicht länger gewachsen und starb im September 1940.  Da der jüdische Friedhof Mitte 1939 willkürlich  geschlossen worden war, musste Helene Düring fern von Mann und Tochter auf dem jüdischen Friedhof in Rinteln beerdigt werden. Ein Grabstein erinnert dort an sie. Die Kenntnis der schrecklichen Schicksale ihrer Familienangehörigen, seien es die Rautenbergs oder die Sterns, blieb ihr erspart.

Mit der Verlegung eines Stolpersteins  am 1. 10. 2016 soll  Helene Düring geehrt und zugleich  an ihr Leben und Leid erinnert werden – in der Hoffnung, dass sich ein solches Verbrechen bei uns nicht mehr wiederholt.

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29 Stolperstein für Helene Düring

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29 Stolperstein für Helene Düring 52.272507, 9.128003 Lange Straße 26, Gedenken an Helene Düring http://www.stolpersteine-obernkirchen.de/stolperstein-29-helene-duering-jg-1852/