Stolperstein 27 Jakob Steinberg Jg. 1872
Jacob und Rosa Steinberg, geb. Stern,
lebten in Obernkirchen in dem Haus der Familie Benno Stern, nämlich in der heutigen Neumarktstraße Nr. 23. Benno Stern und Rosa Steinberg waren Geschwister.
Rosa Steinberg ist 1881 in Obernkirchen geboren und lebte hier bis zu ihrer mysteriösen Abholung durch die Gestapo Ende Februar 1942. Ihr Ehemann, Jakob Steinberg, Jg. 1872 wurde in Tucheln (Polen) geboren.
Das Leben der beiden Familien Steinberg und Stern verlief nach 1933 ähnlich. Beide hatten unter dem ständig zunehmenden Naziterror zu leiden, u. a.
- die ständigen Demütigungen und Schikanen;
- beide Männer wurden am Morgen nach der Pogromnacht verhaftet und am nächsten Tag ins KZ Buchenwald verschleppt;
- beide Familien planten gemeinsam Flucht nach Bolivien, die aber „platzte“;
- beide wurden nach dem Zwangsverkauf des gemeinsam bewohnten Hauses an den SS-Mann Schulze-Noelle auf dessen Drängen ins „Judenhaus“ umquartiert.
Jacob verstarb dort im Februar 1942. Er war dem ständigen Nazi-Terror und der drohenden Deportation vor Augen physisch und psychisch nicht länger gewachsen.
Da der jüdische Friedhof in Obernkirchen Mitte 1939 willkürlich geschlossen worden war, musste Jakob – wie bereits zwei Mitbewohner des „Judenhauses vor ihm und zwei weitere nach ihm – auf dem jüdischen Friedhof in Rinteln beigesetzt werden. Der Bitte von Leopold Lion, dem langjährigen Vorsteher der Synagogengemeinde Obernkirchen, an Landrat Funke in Rinteln, für die Beisetzung der im „Judenhaus“ Versterbenden eine Ausnahme vom grundsätzlichen Beisetzungsverbot zuzulassen, wurde nicht entsprochen.
Rosa Steinberg wurde nur eine Woche nach dem Tode ihres Mannes aufgefordert, sich zur „Abholung“ bereit zu halten. Damit nicht genug, auch ihre Nichte, die 13 jährige Hannelore Stern, hatte sich bereit zu halten. Ihre Eltern, Benno und Lucie Stern, mussten tatenlos zusehen, wie an einem Freitagabend, dem 27. 2. 1942 zu Beginn des Sabbats, plötzlich ein Auto der Gestapo vorfuhr und ihre Tochter sowie die Schwester bzw. Schwägerin abholten.
Der Grund des Abholens wurde nicht genannt. Beide wurden zunächst nach Hildesheim gekarrt und dort in „Judenhaus“ untergebracht. Von dort aus ging es für Rosa Steinberg in die zentrale Sammelstelle im heutigen Hannover-Ahlem, von wo aus die Juden aus dem Zuständigkeitsbereich der Gestapo-Hauptstelle Hannover (entsprach den Reg.-Bezirken Hannover und Hildesheim) deportiert wurden.
Rosa Steinberg wurde am 31. 3. 1942 in einem Sammeltransport von insgesamt über 1.000 Menschen jüdischen Glaubens, davon knapp 500 aus dem Sammellager Hannover-Ahlem, in das Zwangsarbeitslager Trawniki bei Lublin deportiert. Dort verlieren sich ihre Spuren.
Trawniki war aber auch für viele nicht oder nicht mehr arbeitsfähige Juden nur Zwischenstation in die Vernichtungslager Belzec, Majdanek, Sobibor oder in das Warschauer Ghetto. Wahrscheinlich wurde die 60jährige Rosa Steinberg ins Warschauer Ghetto verschleppt. Dafür spricht, dass die Deportationsliste als Zielorte „Trawniki/Warschau“ nannte.
Zur Erinnerung an Rosa und Jacob Steinberg wurden am 1. 10. 2016 je ein Stolperstein verlegt – zusammen mit denen für die Familie Stern. Wilma Kolbe stellte die Eheleute und ihre Schicksale am Verlegungsort vor.